Rulaman Deutschland e.V.
    ...willkommen in der Höhle

USA West R.Kummer

11.700 km in 4 Wochen? Dies scheint eine lange Strecke für diesen Zeitraum zu sein. Nicht so in den USA. Auf den breiten Straßen mit wenig Verkehr macht das Cruisen Spaß. Da von den Rulas mich niemand auf dieser Reise begleitete, hatte ich mich entschlossen, die geplante Tour mit Zelt zu unternehmen. Zelt, Kochutensilien und Luftmatratze habe ich bei ebay/USA gekauft und die Teile an meine amerikanische Adresse liefern lassen.

Ich habe es nicht bereut, im Zelt zu leben, da das Naturerlebnis intensiver ist und man mit mehr Leuten in Kontakt kommt. Allerdings ist dies wohl nicht jedermanns Sache, mehrere Tage ohne Dusche, keinem richtigen Bett etc. Auf den National Forest Campinggrounds gab es teilweise kein Trinkwasser (hatte deshalb immer 4 Liter Wasser dabei) und kein WC, sondern nur Plumpsklos, welche aber immer sehr sauber waren und sich von denen in Europa abheben (kein Gestank). Dafür gab es Bänke mit Tisch, Grill und Natur pur. Außerdem hatte ich mich entschlossen bei Regenwetter in Motels zu übernachten.

Der Start war in der Nähe von Denver in Greeley. Die Strecke bis nach Grand Junction führte bei Schneegestöber (Ende Mai !) über den Vail Pass. Ab Grand Junction wurde das Wetter besser, bevor es nach Moab wieder sehr kalt wurde. In der Nacht hatte es geschneit, was am Straßenrand zu sehen war. Bei Hite wurde es dann schon sehr warm. Über den Wasatch Pass und Salida / Utah ging es nach Salt Lake City und da war es dann sehr heiß! Durch Nevada, wo mir ein alter Miner in Winnemucca die geologischen Besonderheiten der Gegend erklärte, ging es zum Crater Lake National Park. Über einsame Straßen führte die Fahrt dann zum Redwood National Park in Kalifornien.

Vom Redwood NP cruiste ich an der zauberhaften und wilden Oregon Coast entlang bis nach Astoria am Columbia River. Über eine große Brücke ging es in den Staat Washinghton, wo ich weiter an der Pazifikküste entlang bis zum Olympic NP fuhr, ein Nationalpark mit einem der letzten Regenwälder in der gemäßigten Zone. Obwohl es in der Gegend Olympic NP / Seattle 300 Tage im Jahr regnet, hatte ich Glück mit dem Wetter, nur Sonnenschein und keine Wolke am Himmel. Damit ich nicht durch den Moloch Seattle fahren musste, habe ich in Port Townsend die Fähre zu den Vancouver Islands genommen.

Weiter an der kanadischen Grenze entlang, durch den North Cascade NP nach Winthorp, einem schönen Westernstädtchen. Die nächsten Orte entlang der Grenze waren Omak, Tonasket, Kettle Falls, Tiger und Newport an der Grenze zu Idaho. Dann durch den Panhandle von Idaho nach Kalispell / Montana, wo ich den Glacier NP besuchte. Und noch zeigte sich das Wetter von seiner besten Seite. Vom Glacier NP weiter nach Missoula und über den Lolo Pass, den Lochsa River entlang, wo ich mir ein Speed Ticket von 65 US Dollar einhandelte, bis nach Grangeville. In Grangeville bezahlter ich meine Strafe im Gerichtsgebäude und zwar in Cash.

Es werden keine Kreditkarten in den Gerichten akzeptiert. Auch dürfen die Polizisten kein Geld kassieren. Ab Grangeville führte die Tour nach Riggis am Salmon River und weiter nach McCall, Cascade, Lowman und nach Stanley. Ab Stanley verlief die Reise entlang des Salmon Rivers, der auch „River of No Return (Fluss ohne Wiederkehr)“ genannt wird, bis nach North Fork. In North Fork schlug das Wetter dann um. Es kam arktische Kaltluft, was sich am 2132 m hohen Lost Trail Pass mit 15 cm Schnee zeigte. Bei starkem Schneefall ging es weiter über den Chief Joseph Pass, wo der Schnee dann ab dem Big Hole Battlefield in strömenden Regen überging. Dieses schlechte nasskalte Wetter begleitete mich bis nach Virginia City / Montana, wo es dann wieder anfing zu schneien.

Zum Glück konnte ich bei Red, einem amerikanischen Freund, den ich vor 2 Jahren kennen lernte, übernachten und meine nassen Sachen trocknen. Nach zwei erholsamen und unterhaltsamen Tage bei Red ging es dann durch den Yellowstone NP nach Cody, wo ich, wie geplant, zwei Tage blieb, um nochmals die Fahrt über den Chief Joseph Scenic Highway und den Beartooth Scenic Byway zu unternehmen, da es letztes Jahr sehr stark geregnet bzw. auf dem Beartoothpass (3337m) geschneit hatte. Dieses Mal hatte ich Glück mit dem Wetter, aber auf der Beartoothpasshöhe war es lausig kalt.

Es ist anzufügen, dass in den USA besonders schöne Strecken mit „Scenic Byway“ gekennzeichnet werden. Von Cody ging es nach Thermopolis, wo ich mir die größte heiße Quelle der Welt angesehen habe, und weiter über den Powder River Pass in den Big Horn Mountains nach Gilette, dann zum Devils Tower National Monument und in die Black Hills nach Sturgis / South Dakota, wo der Besuch des dortigen Harley Dealers Pflicht ist. Er hat immer sehr viele Sonderangebote, welche in den USA „Sale“ genannt werden. Das Wetter besserte sich, nachdem es am Powder River Pass wieder zur regnen begonnen hatte und so wurde die Fahrt auf dem Needles Scenic Highway in den Black Hills zu einem besonderen Erlebnis. Über Newcastle / Wyoming, Caspar, Independence Rock State Park, Muddy Gap, South Pass City, Rock Springs, Green River kam ich dann zur Flaming Gorge National Recreation Area, wo ich zwei Tage blieb, um die Landschaft bei kleineren Ausfahrten zu erkunden. Über Vernal / Utah, Dinosaur / Colorado und Rangely fuhr ich über den Douglas Pass nach Grand Junction, wo ich mich entschloss, eine Fahrt durch den „roten“ Gateway Canyon zu machen, den ich auch schon vom letzten Jahr her  kannte. Den Schluss der Reise bildete dann die Fahrt auf dem Scenic Byway „Top of the Rockies“: Von Gunnison über den Monarch Pass (3448m) nach Salida und weiter über Buena Vista und Leadville nach Copper Mountain an der Interstate 70. Da das Wetter schön war, entschloss ich mich, am letzten Tag durch den Rocky Mountains NP zu fahren, wo die höchste durchgehend geteerte Straße auf den 3719 m hohen Trail Ridge Pass führt.

Es waren phantastische vier Wochen in einer herrlichen Landschaft, mit Begegnungen unterschiedlichster Menschen, vielen Harleyfahrern mit denen ich mich oft lange unterhielt, und schrägen Typen, bis hin zum Sheriff von Grangeville, der mir ein Speed Ticket verpasste. Wer nicht dabei war, hat viel versäumt. Meine Harley hat, wie bisher immer, keine Probleme bereitet.

Vielleicht habt ihr jetzt Lust bekommen und im nächsten Jahr sind ein paar Rulas dabei, wenn eine vierwöchige Tour in den Südwesten der USA führt.